Marie Kondo
Okay Freunde. Ich bin kein Nerd. Ich bin kein Hardcore-Fan einer bestimmten Band oder Musikrichtung, ich bin kein Spezialist in koreanischem Underground-Theater, ich kenne nicht jeden Spieler eines bestimmten Teams, ich weiß nicht, was gerade in oder out ist. Aber da ist so eine Sache. Eine Sache, bei der ich vielleicht doch … also … ja … ich gucke time-lapse videos auf YouTube, in denen Menschen ihre Wohnung aufräumen. Und ja, ich kannte Marie Kondo schon lange vor Netflix. Und ja, eventuell habe ich mich früher nur mit Freunden getroffen, um ihre Zimmer zu entrümpeln und aufzuräumen. Was soll ich sagen: mein Sternzeichen ist Jungfrau. Ordentliche Schubladen und frische Bettwäsche beruhigen mich eben.
Tidying Up with Marie Kondo
Man würde demnach nicht denken, dass ein Entrümpeln à la Marie Kondo so einen großen Effekt auf meine sowieso schon sehr sortierten Habseligkeiten haben wird. Ich bin 2017 aus meiner Elternwohnung ausgezogen und habe dort schon aussortiert. Dann habe ich, während ich in Berlin gewohnt habe, nochmal an drei Flohmärkten teilgenommen. Als ich dann vor zwei Jahren wieder umgezogen bin, habe ich da auch nochmal gefühlt die Hälfte aussortiert. Aber oh boy. This Woman changed my life! Es geht bei Marie Kondo eben nicht nur ums Aussortieren oder um Minimalism. Es geht darum, dich nur mit Dingen zu umgeben, die in dir Joy sparken.
Als Lukas und ich letztes Jahr in Vietnam waren, kam also die Netflix Show Tidying Up with Marie Kondo raus. Und nachdem wir die ersten paar Folgen geguckt hatten, konnte ich es kaum abwarten, nach Hause zu kommen und anzufangen, auszusortieren. Beim Reisen und besonders eben beim Backpacken merkt man eben, wie angenehm es ist, wenig Auswahl zu haben. Wenig Ballast mit sich rumzuschleppen und Bücher in Hostels zu lassen, nachdem man sie gelesen hat. Wir sind also wiedergekommen und ich habe sofort angefangen.
Für alle, die nicht mit der Kon-Marie-Methode vertraut sind:
The KonMari Method™ encourages tidying by category – not by location – beginning with clothes, then moving on to books, papers, komono (miscellaneous items), and, finally, sentimental items. Keep only those things that speak to the heart, and discard items that no longer spark joy. Thank them for their service – then let them go.
Klamotten
Die erste Kategorie ist: Klamotten. Das heißt, nicht nur alle Klamotten aus dem Schrank, sondern auch die Skihose, Laufschuhe, Winterjacken … einfach alles, was man besitzt und anziehen kann, wird auf einen Haufen geworden. Da sieht man schon mal, wie unglaublich viel man hat. Und dann nimmt man jedes Teil einzeln in die Hand und fühlt ob es Joy sparkt. Das kann am Anfang sehr befremdlich sein, aber sobald man ein Teil in der Hand hat, das Joy sparkt, weiß man eben, wie es sich bei den anderen anfühlen soll.
Bücher
Bei Büchern kam ich in eine Zwickmühle. Viele der einzelnen Bücher haben nicht unbedingt Joy gesparkt. Aber das Gesamtkunstwerk einer Bücherwand schon. Im Endeffekt habe ich mich dann aber dazu entschieden, wirklich nur meine absoluten Favoriten zu behalten und die Bücherwand aufzubauen, wenn ich vielleicht mal länger als 2 Jahre an einem Ort wohne. Jetzt habe ich eine schöne und konzentrierte Auswahl an Büchern, die hauptsächlich aus Mamas Romanen und ein paar hardcore favourites besteht.
Papiere
Papiere ist einerseits total einfach, weil man 90% wegschmeißen kann. Aber dann gibt es diese paar gemeinen Papiere, die nicht unbedingt Joy sparken, die man aber trotzdem aufbewahren muss. Meine Lösung war, dann einfach eine Aufbewahrungsform zu finden, die mich glücklich macht. Und sobald man die hat, will man die ja auch mit was füllen. Also um die Ecke sparken die Kontoauszüge dann schon Joy. Ansonsten war ich schon immer gut darin, alte Geburtstagskarten oder ähnliches wegzuschmeißen. Aber bei Sachen, die dann doch tricky wurden, habe ich sie eben in die Sentimentales-Kategorie gepackt und das Problem für ein paar Tage aufgeschoben.
Sonstiges
Dann kommt alles dran, was weder einen sentimentalen Wert hat noch in die oberen Kategorie passt. Beautyprodukte oder Tesafilm oder Aufladegeräte, USB-Sticks, aber auch Koffer oder Bettwäsche. Mit dieser Kategorie kam ich erstaunlich gut klar. Vielleicht, weil man nach drei Kategorien einfach schon extrem gut in Übung ist. Hier habe ich definitiv am meisten nochmal aussortiert.
Sentimentales
Und jetzt die Königsdisziplin, an der viele Menschen scheitern. Hier unterscheidet sich die Kon-Marie-Methode am meisten von Minimalism. Deine Briefmarkensammlung hätte nämlich bei Letzterem keine Chance, Marie Kondo sagt allerdings, wenn sie Joy sparkt, wenn du jedes Mal glücklich wirst, wenn du sie anguckst, dann behalte sie. Ich bin wirklich kein Sammler und hatte deswegen auch hier nicht sehr viel zu knabbern. Wie schon gesagt, ich habe mir schon vor Jahren abgewöhnt, alte Kinotickets oder Geburtstagskarten ewig aufzubewahren. Jetzt habe ich eine Kiste mit Fotos und eine Kiste mit Briefen/Erinnerungen. Und natürlich meine Tagebücher aber das war ein no-brainer.
Ich habe ungefähr 2 Wochen gebraucht. Einen Tag pro Kategorie und dann nochmal ca. vier Tage, um die aussortierten Dinge loszuwerden. Kleiderkreisel, Umverteiler, Freunde, Bücherei und viele, viele Zum-Mitnehmen-Kisten vor der Haustür.
Jetzt – fast genau ein Jahr nach meiner riesengroßen Entrümpelung – kann ich ganz sicher sagen: Es hat mein Leben verändert.
Nicht nur kaufe ich viel, viel weniger Sachen, ich bin auch sicherer geworden, was ich mag und was nicht. Ich habe einen klareren Stil, ich wertschätze die Dinge, die ich habe, mehr. Und wenn ich etwas habe, das ich seit Monaten nicht mehr in die Hand genommen habe, dann schaue ich, ob es trotzdem noch Joy sparkt, und lasse es los, wenn nicht.
Mir ist bewusst, dass man mit 22 in einer WG in einer anderen Situation ist als mit 3 Kindern im eigenen Haus. Aber das Prinzip bleibt immer das Gleiche.
Meine größten Tips sind:
Sei geduldig und liebevoll
Falls du gar nicht weiterkommst, gib dir einfach ein paar Tage Pause oder behalte eine Sache erst mal, bei der du auf der Kippe stehst. Meistens braucht man nur kurz etwas Abstand und kann es dann viel besser entscheiden. Man muss auch einfach erst mal in Übung kommen. Slow and steady. Vielleicht ist für dich jeden Tag zwei Stunden mehr als genug. Finde deinen Rhythmus.
Finde einen Space für deine aussortieren Sachen
Und falls du es irgendwie einrichten kannst, finde einen konkreten Platz für deine aussortierten Sachen. Vielleicht wirst du am Abend nicht fertig mit einer Kategorie und dann ist es gut, wenn dein Zimmer oder Wohnung nicht aussieht, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Oder vielleicht brauchst du auch einfach mal ein/zwei Tage Pause von dem Chaos. Ich hatte das Glück, dass wir im Flur einen guten Space haben, den ich vorübergehend dafür nutzen konnte. Vielleicht hast du eine Schublade unterm Bett oder eine Abstellkammer. Und dann werde erst die aussortierten Sachen los, bevor du mit der nächsten Kategorie anfängst. So hast du wirklich Progress-Gefühl und erstickst irgendwann nicht in deinem Kram.
Versuche wirklich nur mit dem Körper und nicht mit dem Kopf zu entscheiden.
Keine Sätze wie: »Ich ziehe es nie an und es bringt mir keine Freude aber es war sooo teuer« Du wirst der Sache nicht gerecht, wenn du es nicht liebst, und hier kommt ein wichtiger Step in der Kon-Marie-Methode ins Spiel, und zwar, sich bei jeder Sache bedanken, die man aussortiert. Und es gibt definitiv da draußen jemanden, der es wertschätzen würde.
„One man’s trash is another man’s treasure“ – Macklemore
Und am meisten hab einfach Spaß.
Es geht bei der Sache nicht darum, die Welt zu ändern, sondern nur darum, deine Lebensqualität zu verbessern (und das ist ja eigentlich dasselbe, wie wir wissen). Ja, es wird Tage geben, an denen du völlig überwältigt bist. Aber ich kann dir sagen, es lohnt sich so so so sehr!