Entscheidungen
Früher war es anscheinend mal ganz einfach. Die Legenden sagen, dass ich als Kind wusste, was ich wollte. Das Kleid, jetzt schlafen gehen, das Toast für später aufheben, die Freundin zum Spielen einladen. Quick und dirty. Aus dem Bauch heraus.
Und dann… ja, was ist dann passiert? Zu viele Momente, in denen ich gegen mein Bauchgefühl gehandelt habe? Handeln musste? Um dazuzugehören? Um dem Gesellschaftsbild zu entsprechen? Was unterscheidet das Kind, das fröhlich durchs Wohnzimmer shuffelt, von dem Mädchen, das 5 Minuten vor der Obstschale einfriert und sich nicht entscheiden kann, ob sie jetzt einen Apfel oder eine Banane isst? Zu der Party gehen oder zu Hause bleiben? Schule abbrechen oder Abitur machen? Lebst du schon oder wohnst du noch?
Bauchgefühl
Die Illusion beim Entscheidungen treffen ist ja, dass es ein richtig und ein falsch gibt. Deswegen hadern wir so lange. Bloß nicht die „falsche“ Entscheidung treffen. Also lieber wirklich fünfmal (im Kopf) nachprüfen, was jetzt schlauer wäre, angemessener.
„Naja, letztes Wochenende bin ich auch schon zu Hause geblieben“… „also eigentlich hatte ich ja vorhin schon Banane im Müsli…“
Und währenddessen wartet mein Bauchgefühl ab. Es weiß, dass ich weiß, was ich will. Die Frage ist nur: Werde ich diesem Impuls folgen? Das ist erstmal die gute Nachricht: Mein Bauchgefühl ist nirgendswohin verschwunden. Es ist da, es war da. Die ganze Zeit. Das, was mit der Zeit leiser wurde, ist mein Vertrauen mir selbst gegenüber. Dass ich weiß, was gut für mich ist. Dass ich meinen eigenen Rücken habe.
Ist ja alles schön und gut… aber wie zum Henker baut man dieses Vertrauen zu sich wieder auf?
Vertrauen
People, ich stecke noch selber im Prozess und will nicht so tun, als könnte ich euch von der anderen Seite des Ufers Kommandos zurufen. Wir sitzen hier alle im selben Boot. Aber die letzten Monate haben sich auf ganz sanfte Weise, durch viel Experimentieren und Ausloten, und Zuhören, Wege gezeigt.
Der wichtigste Schritt war wahrscheinlich, die Entscheidung zu treffen, mir wieder zu vertrauen. Das ist simpel, aber nicht einfach. Denn mit dieser Entscheidung, mit diesem Einsatz, kann erstmal sehr viel Schmerz einhergehen. Für all die Stunden, Tage, Monate oder sogar Jahre, in denen wir es nicht getan haben. Sei liebevoll mit dir, bitte um Verzeihung, verzeihe. Es ist in Ordnung und leider sogar normal, verwirrt zu sein. Und sei dir bewusst, dass diese Reise, auf die du dich begibst (tut mir leid, wenn dein Eso-Kitsch-Radar mit diesem Satz anspringt), nicht linear sein wird. Es wird immer wieder Momente geben, in denen du es „nicht schaffst“. Auf sich zu hören und seinen Entscheidungen zu vertrauen braucht MUT! Und den wirst du nicht immer haben. Und das ist okay. Eine große, sich sehr erwachsen anfühlende Erkenntnis für mich war, dass niemand einen Plan hat. Es gibt niemanden, der es „besser“ weiß. Alle Menschen wurschteln sich so durch. Und das ist okay. Du darfst das auch.
Sein
Was ich dann gemacht habe, ist, so viele Dinge wie möglich in meinen Tag einzubauen, in denen ich gar nicht über ein „richtig“ oder „falsch“ nachdenke. Für mich ist das zum Beispiel Tagebuchschreiben. Es ist jedes Mal anders und der Gedanke, dass ich es gerade „falsch“ machen könnte, ist mir noch nie gekommen. Oder ich shake im Zimmer ab. Die kleinen Momente, in denen ich gar nicht an irgendeine Wertung denke. In diesen Momenten erlaube ich mir einfach zu sein.
Und dann zelebriere die Entscheidungen, die du triffst. Ganz intuitiv, aus dem Bauch heraus, ohne lange mit dem Kopf reinzuhacken.
„Ich habe mir einen zweiten Chai Latte bestellt, ohne einmal darüber nachgedacht zu haben. Es hat sich einfach richtig angefühlt.“ … „Ich habe den Spaziergang abgesagt, obwohl es dafür eigentlich keinen anderen Grund gibt, als dass es sich besser anfühlt, gerade zu Hause zu sein und nichts zu machen.“
Wenn du dich einlässt, werden diese Momente von ganz alleine mehr werden. Und erkenne sie als das an, was sie sind… ein Schritt zu dir. Ein riesiger Gewinn. Ein Nach-Hause-Kommen.
When in Doubt … der erste Gedanke ist der richtige. Danach machen wir es meistens nur kompliziert.